Mit dem Kanu durch Afrika: Etappe 9 unserer Abenteuerreise: Der Orange River
Wer an Beziehungskrisen denkt, hat dabei nicht zwangsläufig eine Kanufahrt vor Augen. Dabei war sicher schon so mancher Kanute versucht, dem ruderfaulen Vordermann sein Paddel über die Rübe zu ziehen. Die notwendige Interaktion im Boot kann Beziehungen jedoch genauso vertiefen. Besonders, wenn man in einer der unglaublichsten Landschaften der Erde unterwegs ist: bei einer Kanufahrt auf dem Orange River, der Namibia von Südafrika trennt.
Es ist früh – viel zu früh – als wir uns aus unseren Schlafsäcken schälen. Zügig packen wir unsere Habseligkeiten zusammen und verstauen sie in unseren Zwei-Mann-Kanus. Ersatzkleidung, Zahnbürsten und eine wasserdichte Tonne mit Proviant. Einmal anschieben und schon gleiten wir auf das spiegelnde Wasser des Orange Rivers. Gemeinsam mit zwei Tourguides haben wir – neun Abenteuerlustige, unser persönlicher Guide Hannu und ich, Reiseleiter Patrick – eine zweitägige Kanufahrt auf dem Orange River vor uns. Vorbei an rostbraunen Felslandschaften, satten grünen Feldern und schilfbewachsenen Böschungen.
Ungeahnte Herausforderungen
Die Landschaft ist atemberaubend, doch das lenkt uns zugegeben nicht ganz von einer Tatsache ab: Kanufahren ist bei Weitem nicht so leicht, wie es aussieht. Denn nicht nur auf ein gleichmäßiges Paddeln, auch auf die richtige Abstimmung im Team kommt es an. Während ein Großteil unserer kleinen Flotte gut vorankommt, fällt eines der Boote immer weiter zurück. Kein Wunder, zwei unserer Mitreisenden treiben ihre unfreiwilligen Späße mit dem Kanu – und fahren immer wieder im Kreis. Bis wir beschließen, zwei neue Teams zu bilden. Und dann? Klappt alles wunderbar!
Kanufahrt – auf die stürmische Art
Zum Mittagessen legen wir am Ufer an und gönnen uns eine Abkühlung im sauberen Wasser des Orange Rivers. Doch kaum sind wir in die Boote zurückgeklettert und losgepaddelt, hören wir die Rufe eines unserer Kanuguides. Kommando: „Zurück ans Ufer!“ Der Wind hat in der letzten Stunde gehörig aufgefrischt und wir kommen nur sehr mühsam durch die Stromschnellen.
Zurück an Land, beratschlagen wir: Sollen wir unser Lager an diesem Ufer aufschlagen – und das, wo unser Ziel nur wenige Kilometer entfernt liegt? Die Entscheidung fällt einstimmig: Wir schaffen das. Dafür paddeln wir mit vereinten Kräften gegen die erstaunlich widerspenstigen Wellen an – und legen so weitere zehn Kilometer zurück. Erschöpft aber zufrieden krabbeln wir schließlich aus den Kanus. Ganze 24 Kilometer weit haben wir unsere kleine Bootsflotte über den Orange River navigiert. Sogar Kanuguide Patrick ist beeindruckt. Das habe lange keine Gruppe mehr geschafft, meint er. Trotz Startschwierigkeiten, ein bisschen stolz dürfen wir sein.
Mondscheinsonate am Orange River
Nachdem wir unser Nachtlager am Flussbett aufgeschlagen haben, kochen unsere Guides Abendessen. Und wir? Wir sitzen am Ufer – auf der südafrikanischen Seite diesmal – und blicken hinüber nach Namibia. Dorthin, wo wir in den vergangenen zwei Wochen unserer Abenteuerreise durch Afrika unglaubliche Eindrücke gesammelt haben. Mit einem kühlen Windhoek Lager oder Savanna Cider in der Hand genießen wir das Panorama. Und entspannen – denn morgen stehen uns nochmals vier Stunden im Kanu bevor.
Und ganz plötzlich geht eine gigantische helle Scheibe hinter den Berggipfeln auf. Langsam schiebt sich der Mond am Horizont empor und taucht alles in ein weißes Licht. Mitten im Nirgendwo sitzen wir am Lagerfeuer – nach einer Kanufahrt auf dem Orange River. Um uns nichts als Natur. Ein magisches Gefühl. Fehlt nur noch musikalische Begleitung von Beethoven. Wobei, das Plätschern des Flusses und das Zirpen der Grillen ist in diesem Moment besser als jede Mondscheinsonate der Welt.
Erfahre wie es auf der nächsten Etappe weitergeht!
Etappe 9: Wandern in den Zedernbergen
Dein Afrika-Autor
Patrick Sinclair